Besprechung von Ulrich Gerlinger

Ganz auf die Farbe Grün getrimmt war der kleine Chor des Philharmonia Chors bei seinem Recital im Weißen Saal. Grüne Tops, grüne Fliegen, man hätte meinen können, eine staatstragende Partei hätte hier ein kulturpolitisches Rendezvous abgehalten. Aber nein, die Farbe Grün war dem Motto „Die Wellen grün und weiß der Schaum“ geschuldet. „Das Meer – Texte und Musik“ war die Klammer für die Chorsätze und freien Texte, eine sehr sinnvolle und innovative Aufbereitung sonst eher disparater Musikstücke. Seit 8 Jahren pflegt der Philharmonia-Chor dieses neue Spektrum seiner breitgefächerten chormusikalischen Palette. Große chorsinfonische Werke im Wechsel mit kammermusikalisch Aufgearbeitetem, ein Angebot, das viele Chormusikfreunde in den Weißen Saal lockte. Man sollte meinen, textgebundene Musik brauche keine weiteren Erläuterungen!? Doch! Von einer anderen Warte beleuchtet, erhalten die Stücke plötzlich einen ganz neuen Darstellungsgehalt. Chorleiter Johannes Knecht hatte neben seinem relativ stark besetzten Kleinen Chor (Männer und Frauen gleichbesetzt) auch gleich 2 Pianisten eingesetzt. Eberhard Leuser war für die „normalen Begleitaufgaben“ eingesetzt, die er mit Souveränität und hoher Einfühlungsgabe absolvierte, Ralph Bergmann mehr für die solistischen Komponenten; man denke etwa an das Ravel’sche „Barque sur l’ocean“, das er mit Furioso impetuoso vortrug. Bei den beiden Sopranistinnen Anna Avdalyan und Anna Stephany bleibt erstere Erinnerung, die aus dem Chor heraustretend, mit Puccinis „Terra e mare“ die imaginäre Opernbühne betrat. Will man Texte vortragen, braucht man einen guten Rezitator. Hans-Peter Bögel, selbst von der Waterkant stammend, war mit Sicherheit der geeignete Deklamator, um dem Element Wasser in seiner sanften und wilden Ausprägung Gestalt zu verleihen. Noch in Erinnerung die Ballade „Nis Randers“ von Otto Ernst, Erinnerungen an spannende Deutschstunden mit Balladen der Weimarer Klassiker. Übrigens, die Auswahl hatte man einem Gremium übertragen, das im Absprache mit Hans-Peter Bögel die Auswahl traf. Wenn man meint, das Thema „Meer“ gäbe musikalisch wenig her, der hat sich getäuscht. Über Josef Gabriel Rheinberger, gleich zweimal vertreten, über unseren Landsmann Friedrich Silcher, dessen Chorhit „Schifferlied“ durchaus in die engere Wahl kommen musste bis zum zeitgenössischen Wolfram Wagner, ganz auf Klang und Rhythmus ausgerichtet. Heinrich Schütz und italienische Madrigale? Das doppelchörige „Vasto mar“, war eine Reminiszenz an seine mehrjährige Studienzeit bei dem Venezianer Giovanni Gabrieli. Harmonia pur dann bei dem Duett „Die Meere“ von Johannes Brahms, ein Ohrenschmaus der allerersten Güte. Und W. A. Mozarts „Placido è il mar“ wies darauf hin, dass der Chor seine Choroper „Idomeneo“ letztes Jahr bei den Europäischen Kulturtagen in Bad Homburg zum Besten gegeben hatte.

von Ulrich Gerlinger (Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors)